Kommunismus

Kommunismus
1. Begriff: K. steht zumeist für umfassende Gütergemeinschaft und Gleichheit der Lebensbedingungen aller Gesellschaftsmitglieder. Derartige Ideen finden sich zwar bereits bei Platon („Politeia“), T. Campanella („Der Sonnenstaat“) und T. Morus („Utopia“) und wurden auch z.B. von den urchristlichen Gemeinden, religiösen Sekten des Mittelalters oder im Jesuitenstaat in Paraguay (1609–1769) praktiziert, jedoch entstehen sie als ein ausdrücklicher Gegenentwurf zur bestehenden Gesellschaftsordnung erst mit und in der Folge der Französischen Revolution. Diese Ideen zielen im 19. und beginnenden 20. Jh. auf die Abschaffung der durch  Laissez-Faire-Liberalismus ( Liberalismus) und die damit einhergehenden sozialen Missstände geprägten privatwirtschaftlichen  Wirtschaftsordnung. In diesem Zusammenhang werden K. und  Sozialismus oft synonym verwandt.
- 2. Eine Abgrenzung zwischen K. und Sozialismus erfolgt gelegentlich dahingehend, dass der K. die radikale Form der Ziele und der Mittel zu deren Erreichung beschreibt. Kommunisten nennen sich auch diejenigen Vertreter des  Marxismus, die die angestrebte neue Ordnung nicht durch evolutionäre Reformen, sondern durch einen revolutionären Umsturz errichten wollen ( Bolschewismus,  Marxismus-Leninismus).
- Im Marxismus selbst werden K. und Sozialismus geschichtsphilosophisch voneinander abgegrenzt ( historischer Materialismus): Der K. bildet dabei den Endzustand der zwangsläufigen geschichtlichen Entwicklung. Er wird beschrieben als eine Überflussgesellschaft mit Gemeinschaftseigentum an den Produktionsmitteln, in der Arbeitsteilung, Leistungsdruck und der Gegensatz von geistiger und körperlicher Arbeit aufgehoben sind, die Arbeit keine Fron, sondern ein Bedürfnis ist, in der die gesellschaftliche Produktion aufgrund unmittelbarer gesellschaftlicher Absprachen in und zwischen den Produktionsassoziationen in Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Bedürfnissen erfolgt und in der die Konsumgüter entsprechend den individuellen Bedürfnissen verteilt werden („Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“, Marx). Der Sozialismus wird dagegen als eine den K. vorbereitende Übergangsphase („niedere Form des K.“) nach der revolutionären Beseitigung des  Kapitalismus aufgefasst.
- 3. Kritik: Der K. als Gesellschaftskonzeption enthält ausgesprochen menschenfreundliche Ideale (Überfluss, Abwesenheit von Zwang etc.). Wie er jedoch entstehen soll, wie die  Koordination des Wirtschaftsprozesses unter kommunistischen Bedingungen konkret zu erfolgen hat und unter welchen Ordnungsbedingungen dieser Zustand erhalten werden kann, wurde bis heute nicht schlüssig abgeleitet. V.a. das Koordinationsproblem wurde, abgesehen von einigen vagen Hinweisen, von Marx und Engels nicht analysiert. Zudem widerspricht das Menschenbild des nicht mehr selbstinteressierten, sondern ausschließlich gruppenbezogenen und gesellschaftlich bewussten Individuums allen bisherigen Erfahrungen über die Natur des Menschen. Die notwendige Umerziehung, mit deren Hilfe auch ggf. andere konzeptionelle Mängel einer kommunistischen Ordnung kompensiert werden sollen, birgt die große Gefahr, dass sich der humane Charakter des K. in sein Gegenteil verkehrt.

Lexikon der Economics. 2013.

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